Kinderbetreuung sei in Italien immer noch oft «Frauensache». Das sagen die beiden Autorinnen und Influencerinnen Sarah Malnerich und Francesca Fiore.

Seit zehn Jahren treten die beiden Mütter als «Mamma di merda», übersetzt «Scheissmutter», auf und setzten sich mit viel Humor für mehr Gleichberechtigung und Selbstbestimmung ein. «Wir befinden uns in einer Übergangsphase. Wir haben uns noch nicht von der Rolle befreit, die wir früher hatten.»

Deshalb stünden die Frauen in Italien jetzt unter extremem Druck: «Weil wir beide Rollen erfüllen sollen – die der Hausfrau der 1950er-Jahre und die der Karrierefrau von heute», sagt Fiore.  

Legende: Spielende Kinder in Mailand. Keystone/Antonio Calanni

Dass die Italienerinnen und Italiener immer weniger Lust auf Kinder hätten, habe viele Gründe. Einer allerdings schwinge ganz oben mit: der italienische Mutterkult: «In Italien gibt es immer noch diese Mythologie der Mutterfigur – niemand könne es so gut wie die Mamma.»

Damit blieben die Verantwortung, die Betreuung, die Pflege und das Sorgerecht für die Kinder im Wesentlichen auf den Schultern der Frauen liegen, sagt Malnerich.

Vor dreissig Jahren hat Arbeit die Familie vor Armut geschützt. Heute leben viele Familien trotz eines Festangestellten unter der Armutsgrenze.
Autor: Francesco Belletti Direktor internationales Zentrum für Familienforschung Mailand

Malnerich und Fiore kämpfen auch für mehr – und vor allem für bezahlbare – Kinderkrippenplätze und gegen die traditionell langen Sommerferien in Italien. Diese dauern meist drei Monate und stellen viele Familien vor grosse Probleme bei der Kinderbetreuung und den Kosten.

Sich keine Familie leisten können

Durchschnittlich ist eine Italienerin bei der Geburt 33.2 Jahre alt. Die Ausbildung dauert oft lange und die italienischen Gehälter gehören zu den niedrigsten in der EU. Nicht alle wollen oder können sich eine Familie leisten.

Das liege auch an der mangelhaften Familienpolitik, sagt Francesco Belletti, Direktor des internationalen Zentrums für Familienforschung in Mailand: «Vor dreissig Jahren hat Arbeit die Familie vor Armut geschützt.

Heute leben viele Familien trotz eines Festangestellten unter der Armutsgrenze.» Es sei eine Tragödie, dass Familien mit drei Kindern dreimal häufiger von Armut betroffen seien. «Das bedeutet, dass unsere Politik es nicht schafft, Familien zu unterstützen, die in Kinder investieren.»

Meloni will mehr Kinder in Italien

Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, die erste Frau und Mutter in diesem Amt, hat die Familienpolitik zwar weit nach oben auf ihre Agenda gesetzt. Sie fördert das traditionelle Modell von Vater, Mutter und Kind. Ihre Massnahmen sind jedoch bloss ein Tropfen auf den heissen Stein.

Zum Beispiel Steueranreize oder die Gratis-Kita ab dem zweiten Kind: Dabei gibt es so viele Auflagen, dass nur wenige davon profitieren. Wirkliche Reformen sind nicht in Sicht. Auch wegen der massiven Staatsschulden Italiens.

In Italien gibt es den Spruch: «Ein Kind ist zu wenig und zwei sind zu viel.» 2023 sind keine 380'000 Kinder mehr auf die Welt gekommen. Vor 20 Jahren waren es noch mehr als eine halbe Million.

Sollte der Negativtrend weiter anhalten, könnte Italien bis 2030 um fast eine Million Menschen schrumpfen.

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