• Tausende demonstrieren gegen die Festnahme von Istanbuls Bürgermeister Ekrem Imamoglu. Die Opposition wirft Präsident Erdogan vor, seinen stärksten Rivalen auszuschalten.
  • Imamoglu wird Korruption und Terror-Unterstützung vorgeworfen. Kritiker sehen die Justiz als politisches Instrument Erdogans.
  • In Istanbul gilt ein vier­tägiges Demonstrationsverbot. Soziale Netzwerke wurden blockiert, um Proteste zu erschweren.
  • Imamoglu gilt als Favorit für die Wahl 2028. Erdogan könnte durch vorgezogene Neuwahlen seine Wiederwahl sichern.

Tausende Menschen haben in der Türkei gegen die Festnahme von Ekrem Imamoglu demonstriert. In Istanbul und Ankara skandierten sie Rücktrittsforderungen gegen Präsident Recep Tayyip Erdogan und warfen ihm vor, durch die Festnahme seinen stärksten politischen Gegner auszuschalten. Die Proteste blieben nicht überall friedlich: Medienberichten zufolge kam es am Rande zu Ausschreitungen und Festnahmen.

Legende: Tausende Menschen demonstrieren in der Türkei gegen die Regierung, wie hier in Istanbul. Keystone/ Ali Unal

Imamoglus Partei, die oppositionelle CHP, spricht von einem «versuchten Staatsstreich». EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen äusserte sich besorgt: «Dies ist höchst alarmierend». Auch in Berlin gingen Menschen auf die Strasse, um gegen das Vorgehen der türkischen Behörden zu demonstrieren.

Opposition kritisiert politische Justiz

Ekrem Imamoglu, der als einer der aussichtsreichsten Herausforderer Erdogans bei der Präsidentenwahl 2028 gilt, wurde am Mittwochmorgen bei einer gross angelegten Razzia festgenommen. Offiziell lauten die Vorwürfe auf Korruption und Unterstützung terroristischer Gruppen. Kritiker halten die Justiz jedoch für politisch instrumentalisiert.

Mit Imamoglu wurden laut der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu 87 weitere Personen verhaftet, insgesamt laufen Ermittlungen gegen 106 Personen. Der CHP-Politiker wurde zur Polizeidirektion in Istanbul gebracht, wo er aussagen soll. Die türkische Anwaltsvereinigung rechnet damit, dass die Befragungen bis Sonntag andauern.

Putschversuch auf Vorrat?

Um weitere Proteste zu unterbinden, verhängte die Provinzverwaltung von Istanbul ein Demonstrationsverbot für vier Tage. Gleichzeitig waren soziale Netzwerke und Kurznachrichtendienste nur eingeschränkt nutzbar. Justizminister Yilmaz Tunc verteidigte das Vorgehen und kritisierte es als «anmassend», die Ermittlungen mit Erdogan in Verbindung zu bringen.

CHP-Chef Özgür Özel dagegen warf der Regierung vor, einen «Putschversuch gegen den nächsten möglichen Präsidenten» zu unternehmen. Erdogan habe Angst, dass Imamoglu ihn in einer fairen Wahl besiegen könnte.

EU äussert Besorgnis

Die EU-Kommission forderte die Türkei auf, demokratische Standards einzuhalten. «Als Mitglied des Europarats und EU-Beitrittskandidat muss die Türkei demokratische Werte respektieren», erklärte von der Leyen.

Hintergrund der Ermittlungen sind laut der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu Kooperationen zwischen CHP und der prokurdischen Dem-Partei bei den Kommunalwahlen. Solche Bündnisse wurden in der Vergangenheit bereits genutzt, um Mehrheiten gegen Erdogans AKP zu gewinnen.

Die türkische Regierung unter Erdogan steht seit Langem wegen ihres Umgangs mit politischen Gegnern in der Kritik. Zahlreiche prokurdische Bürgermeister wurden wegen Terrorvorwürfen abgesetzt und durch regierungsnahe Verwalter ersetzt. Ob Imamoglu dasselbe Schicksal droht, bleibt unklar.

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