Zwei russische Raketen haben am Sonntag im ukrainischen Sumy Dutzende Zivilisten getötet. In Europa wertet man die Attacke als eindeutiges Kriegsverbrechen. Moskau hingegen spricht von ukrainischen Offizieren als Ziel.

Nach dem verheerenden russischen Angriff auf die ukrainische Stadt Sumy mit mehr als 30 Toten und zahlreichen Verletzten zeigen sich europäische Politiker entsetzt über das Vorgehen Russlands. Litauens Außenminister Késtutis Budrys sagte, bei dem russischen Angriff sei Streumunition gegen Zivilisten eingesetzt worden. Dies sei ein "Kriegsverbrechen per Definition".

Die finnische Außenministerin Elina Valtonen erklärte, der Angriff zeige Russlands "völlige Missachtung für den Friedensprozess, aber auch, dass Russland keinerlei Achtung für menschliches Leben hat". Der künftige Bundeskanzler Friedrich Merz hatte mit Blick auf Sumy ebenfalls von einem ernsten Kriegsverbrechen gesprochen.

Zweifel an Putins Willen zum Frieden

Aus Sicht von Polens Außenminister Radoslaw Sikorski zeigen dieser und andere Angriffe in jüngster Zeit, dass Russlands Präsident Wladimir Putin den guten Willen der USA für eine Beendigung des Ukraine-Kriegs verspottet. Er hoffe, dass US-Präsident Donald Trump und seine Regierung dies erkennen würden, sagt Sikorski. "Die Ukraine hat vor über einem Monat einer Waffenruhe zugestimmt, ohne Bedingungen zu stellen. Die abscheulichen Angriffe auf Krywyj Rih und Sumy sind Russlands spöttische Antwort", sagt Sikorski vor dem Treffen der EU-Außenminister in Luxemburg. Er hoffe, dass die richtigen Entscheidungen getroffen würden.

Auch für den französische Außenminister Jean-Noël Barrot zeigt der Angriff, dass Putin nicht beabsichtige, einer Waffenruhe zuzustimmen. "Er muss daher dazu gezwungen werden, und deshalb fordere ich die Europäische Union auf, die härtesten Sanktionen gegen Russland zu verhängen, um dessen Wirtschaft zu schwächen und das Land daran zu hindern, seine Kriegsanstrengungen fortzusetzen."

Scharfe Kritik an Russland kam auch von der amtierenden Bundesaußenministerin Annalena Baerbock. "Der furchtbare Angriff macht deutlich, dass der russische Präsident weiter die Ukraine vernichten will", sagte die Grünen-Politikerin in Luxemburg. "Verstärkter Schutz der Ukraine ist Friedenspolitik."

Trump spricht von einer "schrecklichen Sache"

Auch über Europa hinaus löste der Angriff Entsetzen und Empörung aus. US-Präsident Trump sprach von "einer schrecklichen Sache", UN-Generalsekretär António Guterres zeigte sich "zutiefst schockiert". 

Die russische Armee hatte am Sonntag das unweit der Grenze gelegene Sumy mit zwei ballistischen Raketen beschossen. Nach Angaben der Rettungskräfte wurden bei der Attacke im Zentrum der Stadt mindestens 34 Menschen getötet und 117 verletzt. Unter den Toten waren demnach auch zwei Kinder, 15 weitere wurden verletzt.

Russland: Ukrainische Offiziere angegriffen

Russland zeigt sich unbeeindruckt von den internationalen Reaktionen. Das Verteidigungsministerium in Moskau erklärte, der Angriff mit zwei Iskander-Raketen habe einem Treffen ukrainischer Offiziere gegolten.

Das Ministerium warf der ukrainischen Führung vor, die Zivilbevölkerung als "menschliche Schutzschilde" zu missbrauchen. "Das Kiew-Regime setzt die ukrainische Bevölkerung weiterhin als Schutzschilde ein, indem militärische Anlagen oder Veranstaltungen mit der Beteiligung von Soldaten im Zentrum einer dicht bevölkerten Stadt platziert werden." Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte zu Journalisten: "Unsere Armee greift nur militärische und mit dem Militär in Verbindung stehende Ziele an."

Nach Angaben der ukrainischen Behörden traf der Angriff zivile Infrastruktur: Cafés, Supermärkte und Wohngebäude. Auch Fahrgäste in einem Oberleitungsbus wurden demnach Opfer des Angriffs. Laut dem Menschenrechtsbeauftragten des ukrainischen Parlaments, Dmitry Lubinets, ist das regionale Büro in Sumy völlig zerstört worden.

Die erste Rakete soll ein Universtitätsgebäude getroffen haben, die zweite sei "quasi über der Straße explodiert", hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner täglichen Ansprache erklärt. Auf den Straßen im Zentrum der Stadt seien wegen des Palmsonntags viele Menschen unterwegs gewesen.

Helga Schmidt, ARD Brüssel, tagesschau, 14.04.2025 15:55 Uhr

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