Inhalt des Artikels:

  • Rohstoff-Abkommen zwischen USA und der Ukraine
  • Rohstoff-Abbau: nur mit Sicherheitsgarantien und hohen Investitionen
  • Reiche Mineralvorkommen auch auf nicht besetztem Gebiet
  • Wer bisher ukrainische Bodenschätze gefördert hat

Schon im Herbst 2024 erwähnte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in seinem "Siegesplan" die reichhaltigen Rohstoffvorkommen seines Landes. Schon damit war offensichtlich, dass er folgende Botschaft an den damals baldigen US-Präsidenten Donald Trump sandte: Man könnte die strategischen Ressourcen der Ukraine gemeinsam nutzen. Denn zumindest theoretisch hat das Land hier einiges zu bieten. Nach Schätzung des Weltwirtschaftsforums verfügt die Ukraine über 20.000 Lagerstätten, an denen 116 Arten von Mineralien vorkommen. Vor Beginn der russischen Großinvasion im Februar 2022 wurden allerdings nur an 15 Prozent dieser Lagerstätten bereits Rohstoffe gefördert. Fachleute sehen die Ukraine potenziell als einen der größten Förderer des strategisch wichtigen Lithiums weltweit.

Lagerstätten strategisch wichtiger Rohstoffe sind über die gesamte Ukraine verteilt.Bildrechte: MDR

Rohstoff-Abkommen zwischen USA und der Ukraine

Nachdem Donald Trump dann die US-Präsidentschaft angetreten und seine Administration begonnen hatte, auf ein Ende des Ukraine-Kriegs hinzuarbeiten, hätte am 28. Februar im Weißen Haus ein Rohstoff-Abkommen unterschrieben werden sollen. Das wäre erst einmal eine Rahmenvereinbarung ohne viel Konkretes gewesen. Die Ukrainer und Amerikaner wollten sich auf die Gründung einer gemeinsamen Stiftung einigen, welche die Einnahmen aus neuen Förderstätten in den Wiederaufbau des Landes investieren würde. Stattdessen kam es aber zum berühmt-berüchtigten Eklat im Oval Office zwischen Selenskyj, Trump und dessen Vize J.D. Vance. Das Rahmenabkommen war anschließend vorerst vom Tisch.

Mittlerweile liegt der ukrainischen Seite der erste konkretere amerikanische Entwurf eines 58-seitigen Rohstoffabkommens zwischen beiden Ländern vor. Dass der Vertrag in der Form für Kiew kaum akzeptabel ist, hat mehrere Gründe: Das Abkommen könnte von der Ukraine praktisch nicht gekündigt werden. Zudem umfasst es so gut wie alle schon existierenden Förderstätten strategischer Rohstoffe, inklusive der Gas- und Ölvorkommen. Auch würde der US-Seite ein Veto-Recht bei Entscheidungen der zu gründenden Stiftung eingeräumt, da im Vorstand nach derzeitigem Entwurf die Amerikaner in der Überzahl wären. Vor allem aber bestünde die Gegenleistung Washingtons in den bereits unter US-Präsident Biden geleisteten Hilfen, die Kiew dann – anders als bisher angenommen – de facto als Schulden akzeptieren müsste.

Dass der Ukraine an einem Rohstoffabkommen in dieser Form nicht gelegen ist, steht außer Frage. Es nicht zu unterzeichnen ist jedoch politisch riskant, schließlich kann es gut sein, dass die neue US-Regierung eine Verweigerung als Vorwand nutzen wird, um Kiew – wie bereits nach dem Eklat im Weißen Haus – mangelnde Gesprächsbereitschaft vorzuwerfen. Eben deswegen ist aber wahrscheinlich, dass das Abkommen am Ende nach langen und schwierigen Verhandlungen doch unterzeichnet wird.

Rohstoff-Abbau: nur mit Sicherheitsgarantien und hohen Investitionen

Doch wie steht es praktisch um die Förderung noch nicht erschlossener ukrainischer Rohstoffvorkommen? Sie ist kaum denkbar, wenn eine Bedingung nicht erfüllt ist: handfeste Sicherheitsgarantien. US-Konzerne werden nur ernsthaft investieren, wenn sie bei einem etwaigen Friedensschluss gegeben werden. Doch Sicherheitsgarantien sind aktuell nicht abzusehen, selbst wenn es im russisch-ukrainischen Krieg in absehbarer Zeit einen Waffenstillstand geben sollte.

Einige wichtige Rohstoffe werden in der Ukraine bereits abgebaut. Anders sieht es bei Seltenen Erden und Lithium aus, die für die Herstellung von Technologie-Produkten gebraucht werden: Sie werden in der Ukraine bisher nicht gefördert.

Zwar verfügt das Land über rund 500.000 Tonnen ungenutzten Lithiums, das etwa für die Produktion von Akkus für Elektrofahrzeuge benötigt wird und auf der Liste der strategisch wichtigen Rohstoffe ganz oben steht. Die Menge entspricht einem Großteil der europäischen und einem nennenswerten Anteil der weltweiten Reserven. Jedoch stehen bei den Lagerstätten noch teure geologische Erkundungen aus. In den meisten Fällen werden auch gerichtliche Auseinandersetzungen um Explorations- und Bergbaurechte erwartet. Eben diese Probleme haben auch vor dem großen russischen Einmarsch notwendige Investitionen massiv gebremst und werden es auch in Zukunft tun.

Reiche Mineralvorkommen auch auf nicht besetztem Gebiet

Daneben verfügt die Ukraine über reiche Gasvorkommen, die in Europa nur von Norwegen übertroffen werden. Der intensive Kohleabbau konzentriert sich vor allem in der stark vom Krieg betroffenen Donbass-Region. Laut Kyiv School of Economics entfallen auf die Ukraine auch etwa sechs Prozent der weltweiten Titanvorräte. Das Element wird vor allem in der Luft- und Raumfahrt sowie in der Medizin eingesetzt. Auch bei den Vorkommen von Gallium, Graphit und Uranerz belegt die Ukraine europa- und weltweit jeweils vordere Plätze. Ebenfalls gehört das von Russland angegriffene Land zu den Top-Förderern von Eisen, Kohlenstoff und Mangan.

In der zentralukrainischen Region Kirowohrad wird das Titan-haltige Mineral Ilmenit abgebaut.Bildrechte: picture alliance/dpa/AP | Efrem Lukatsky

Die gute Nachricht: All diese Rohstoffe konzentrieren sich hauptsächlich abseits der besetzten und frontnahen Gebiete. Anders sieht das bei Gas und Kohle aus, die etwa 70 Prozent der ukrainischen Rohstoffvorkommen ausmachen.

Auch einzelne potenzielle Förderstätten von Lithium und seltener Erden befinden sich in den von Russland besetzten Teilen der Regionen Donezk und Saporischschja. Die meisten lagern aber auf noch immer von Kiew kontrolliertem Gebiet und könnten geologisch erkundet sowie gefördert werden.

Wer bisher ukrainische Bodenschätze gefördert hat

Größere Investitionen in die Erkundung nicht erschlossener Rohstoffe haben bisher nur einzelne Player wie die türkische ONUR Group oder die einheimische BVG Group gewagt. Das hat vor allem damit zu tun, dass die Erkundung einer potenziellen Lagerstätte im Schnitt rund fünf Jahre dauert und etwa zehn Millionen Euro kostet – eine Iinvestition ohne jegliche Garantie auf eine lohnende Förderung.

Vor diesem Hintergrund ist die Idee einer möglichen Zusammenarbeit mit den USA aus ukrainischer Perspektive mehr als verständlich. Zumal Kiew kaum Ressourcen hat, um die Förderung im eigenen Land allein ausreichend zu finanzieren. Aber selbst im Falle einer Feuerpause und einer Unterzeichnung des Rohstoff-Abkommens: Dass US-Unternehmen mit ihren Investitionen Schlange stehen werden, ist nicht das wahrscheinlichste Szenario – welche Bedingungen in einem Abkommen auch immer ausgehandelt werden.

MDR (usc)

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