Tankstellen, geduckte Einfamilienhäuser, Baumärkte: So richtig gemütlich ist es nicht im Umland von Magdeburg. Wir sind im «Jerichower Land», es riecht überall noch nach DDR. Hier in Sachsen-Anhalt ist die AfD, die Alternative für Deutschland, sehr stark und vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft.

Die sogenannte «Brandmauer» zwischen AfD und der bürgerlichen CDU gibts hier trotzdem schon lange nicht mehr – besichtigen kann man die Gemeinsamkeiten am Projekt «Beflaggung». Vor öffentlichen Gebäuden soll künftig eine Deutschland-Fahne wehen, auch an Schulen. Das habe «identitätsstiftenden Charakter» und sei ein «spürbares Pflaster auf die Volksseele». Die Idee hatte die AfD, die CDU stimmte zu.

Derweil verhandelt CDU-Parteichef Merz in Berlin mit der SPD über eine neue Regierung. Die «Brandmauer» zur AfD verteidigt er bei jeder Gelegenheit – obwohl sie nicht nur in Sachsen-Anhalt immer mehr erodiert – oder gar nicht mehr existiert. Es ist, als gäbe es zwei Welten: Berlin und das reale politische Deutschland rundherum.

Umfrage-Schockwellen in Berlin

Wie eine Schockwelle fegen die neuesten Zahlen des «ARD-Deutschlandtrends» durch die Berliner Parteizentralen. Die CDU verliert, liegt noch bei 26 Prozent. Die AfD gewinnt und ist schon bei 24 Prozent. Es ist eine Frage der Zeit, bis die Rechtsaussen-Partei AfD die bürgerliche Traditionspartei CDU überholen wird. Es wird immer deutlicher: Merz' Plan, mit der SPD zu regieren, schadet seiner Partei immer mehr. Je mehr Positionen Merz räumen muss, vor allem in der Migrationsfrage, desto tiefer rutscht seine Partei in den Umfragen.

Bei der letzten Bundestagswahl wurde die SPD eigentlich abgewählt, die Ära Olaf Scholz beendet. Doch jetzt bestimmen die Sozialdemokraten, was in der neuen Regierung unter Kanzler Merz gehen soll. Die «Migrationswende», wie sie Merz im Wahlkampf versprochen hatte, wird keine fundamentalen Veränderungen bringen, im Bereich «Soziales» bestimmt die SPD ebenfalls den Ton. Aber ist «Merz light» das politische Programm, das sich die Menschen in Deutschland gewünscht hatten bei der Wahl? Von der Schuldenbremse gar nicht zu reden.

Wer ist hier eigentlich der Chef?

Tatsächlich ist Merz in einer verzweifelten Lage: Die 16-Prozent-Partei SPD trotzt ihm Zugeständnis um Zugeständnis ab – und die AfD profitiert. Gleichzeitig gibt es für Merz keine andere Option, nach Ostern Kanzler zu werden. Die Gespräche mit der SPD kann er nicht platzen lassen – eine andere Regierungspartnerin ist nicht in Sicht. Mit den Grünen reicht es a) nicht und b) wäre es auch politisch unmöglich.

Also SPD. Die Verhandlungen über eine neue gemeinsame Regierung sind jetzt in der Endphase. Doch den Verhandlungsteilnehmern dämmert: Wenn sich die CDU in den entscheidenden Punkten Migration, Finanzen und Soziales nicht durchsetzen kann, führt das geradewegs ins Chaos. Die Legitimation der Regierung, die noch nicht mal angefangen hat mit ihrer Arbeit, wird immer kleiner. Doch schafft Merz kurz vor dem Ziel noch die Wende? Kann er seinen Wählerinnen und Wählern noch zeigen, dass er der doppelt so starke Regierungspartner ist – der eigentlich den Weg weisen soll – und die SPD froh sein kann, überhaupt noch an den Machthebeln zu sitzen?

Wenn nicht, dann wird Friedrich Merz zur Fahne im Wind. Die Windrichtung aber diktiert die AfD. Im Jerichower Land heute, in Berlin, in der Hauptstadt, morgen.

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