Als die Nullerjahre ihren Abschied verkündeten, grüßte Lady Gaga mit "The Fame" zum ersten Mal vom Pop-Gipfel. 15 Jahre später liegt ihr die Branchenwelt mit "Mayhem" erneut zu Füßen.
In einer schnelllebigen Zeit, in der die künstlerischen Fahrkünste auf der Überholspur überlebenswichtiger denn je sind, kann ein einziger Griff ins Klo schon das Karriereende bedeuten. Ob es für eine Ausnahmekünstlerin wie Lady Gaga nach ihrem "Goldene Himbeere"-Reinfall "Joker: Folie à deux" schon eng werden könnte, sei mal dahingestellt - aber ein gewisser Erwartungsdruck ist kurz vor der Veröffentlichung ihres siebten Studioalbums "Mayhem" schon zu spüren.
Mit der massentauglichen Vorab-Single "Abracadabra" gab es einen ersten Dance-Pop-Fingerzeig. Und ja, auch der Rest des Albums funktioniert wunderbar, eingerahmt in ein Strobo-Szenario aus Trockeneis und Deckenschweiß. Aber nur der vermeintlich sichere Pfad ist natürlich nicht Gaga-like. Und so garniert die exzentrische Sängerin ihr nahezu durchweg eingängiges Hauptmahl mit vielen kleinen Extra-Zutaten.
Fans der ersten Stunde springen vor Freude im Dreieck
Den Anfang macht "Disease", ein relativ unaufgeregter Pop-Track mit düsterem Anstrich, gefolgt von der bereits erwähnten Single "Abracadabra" und dem industrial-lastigen Refrain-Highlight "Garden Of Eden". Schon nach den ersten Minuten springen vor allem eingefleischte Fans der ersten beiden Alben "The Fame" und "Born This Way" vor Freude im Dreieck. Lady Gaga wagt den Spagat zwischen alt und neu und trifft damit voll ins Schwarze. Erinnerungen werden wach an die exzentrischen Anfangstage, an die Zeit, in der der Name Lady Gaga für knackigen und durchgeknallten Zukunftspop stand. Mit der impulsiven und nach allen Seiten ausschlagenden Power-Nummer "Perfect Celebrity" setzt die Sängerin noch einen drauf. Plötzlich pumpen Achtziger-Beats und verzerrte AOR-Gitarren aus den Boxen.
Abwechslung und Experimentierfreudigkeit sind Programm. Lady Gaga lässt nicht locker. Musikalische Diversity steht über allem. Wo eben noch voluminöse Gitarrenwände den Ton angaben, schieben sich nun funkige Grüße aus einer längst vergessenen Zeit ins Rampenlicht ("Vanish Into You"). Gemeinsam mit dem französischen DJ Gesaffelstein geht's händeklatschend auf die Tanzfläche ("Killah"). Minuten später zappelt auch der letzte "Zombieboy" hüftschwingend unter der Discokugel.
Musikalischer Herzschmerz zum Abschluss
Längst sind alle Ketten gesprengt. Was die Kolleginnen Katy Perry und Taylor Swift können, kann Lady Gaga schon lange ("LoveDrug", "How Bad Do You Want Me"). Noch einmal zieht die Sängerin die älteren Semester auf die Tanzfläche ("Don't Call Tonight", "Shadow Of A Man"), ehe sich der mächtige Samtvorhang gen Bühnenboden senkt und das Finale mit cineastischem Pathos und ganz viel musikalischem Herzschmerz eingeläutet wird ("The Beast", "Blade Of Grass", "Die With A Smile").
Wenn die eigene Version von Popmusik alle Genretüren öffnet und keine Grenzen kennt: Auf ihrem siebten Studioalbum "Mayhem" blickt Lady Gaga zurück, ohne dabei das Hier und Jetzt aus den Augen zu verlieren. Während die Konkurrenz im überzuckerten Einheitsbrei versinkt, hat Madame Germanotta wieder einmal für jede Branchenschublade den passenden Schlüssel bereit. Davor kann man als Freund von abwechslungsreicher und langlebiger Popmusik nur den Hut ziehen.
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