Für Italiens rechte Politiker wie Matteo Salvini von der Partei Lega ist Alberto Grandi ein Verräter. Und, erklärt der Gastrohistoriker, nicht wenige Pizzaioli aus Neapel würden ihn am liebsten am nächsten Laternenpfahl baumeln sehen.
Alberto Grandis Buch «Mythos Nationalgericht» nimmt sich einige Klassiker der international berühmten und vielgeliebten italienischen Küche vor – und demontiert dabei ihre Entstehungsgeschichte: Lebensmittel und Gerichte, die, so wird es von Reiseführern nachgebetet, «als echt traditionell und italienisch» eingestuft werden.

Das propagiert auch das Landwirtschaftsministerium, das unter der rechten Regierungschefin Giorgia Meloni sinnigerweise «Ministerium für die Lebensmittel-Souveränität» genannt wird.
Von wegen echt italienisch!
Nicht «echt italienisch» sind zum Beispiel die berühmten Pachino-Tomaten. Kirschförmig, knallrot und ein vermeintlicher Klassiker in Salaten, Nudelgerichten und auf Pizzen. Diese Tomaten werden vor allem auf Sizilien angebaut und verfügen über das IGP-Gütesiegel, das den Konsumenten versichert, dass sie ausschliesslich in einer bestimmten Gegend wachsen. Doch diese Tomatensorte wurde 1989 von einem Gen-Unternehmen in Israel im Labor kreiert.
Auch die Pizza, so wie man sie kennt und liebt, wurde nicht in Italien «erfunden». Der saftig-krosse Teig mit dem reichen Belag entstand in Little Italy in New York City. Geschaffen von italienischen Auswanderern. Diese Pizza kehrte nach Italien zurück und verdrängte schnell, so Alberto Grandi, die vor allem in Neapel bekannte Arme-Leute-Pizza, ein armseliges Gericht ohne nennenswerten Belag.
Echter Parmesankäse nur in Wisconsin
Parmesankäse gilt ebenfalls als unantastbarer Italo-Klassiker. Dabei hatte der ursprüngliche Parmesan, so Grandi, einen höheren Fettgehalt als der heutige, besass eine schwarze Aussenschicht und reifte nicht so lange wie es heute üblich ist. Den ursprünglichen, also echten Parmesan entdeckte Autor Grandi im US-Bundesstaat Wisconsin, wo italienische Einwanderer noch die alte Rezeptur verwenden.
Alberto Grandi zufolge entstand das, was heute als echt italienische Küche gilt, erst nach Kriegsende. Mit dem wirtschaftlichen und touristischen Nachkriegsboom der 1960er- und 1970er-Jahre. Vorher war die Italo-Küche für die Mehrheit der Italiener eher armselig und monoton, sehr kalorienreich und bestand aus wenig Zutaten.
Warum die wahre Geschichte verschweigen?
Die heute vielbeschworenen Gerichte mit Pasta und Fleisch wurden früher nur selten oder an Festtagen verzehrt. Das reiche Bürgertum und der Adel bevorzugten die französische Küche.
Autor Grandi versteht nicht, warum sein Aufklärungsbuch so angefeindet wird. Die italienische Küche, meint er, sei doch inzwischen so berühmt und unangefochten, dass sie ihre Evolution nicht verschweigen, sondern stolz darauf sein müsse.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke