Es war kalt, als Gene Hackman und seine Frau Betsy Arakawa starben. So viel ist sicher. Der Wetterbericht meldete für Santa Fe Mitte Februar in der Nacht minus drei Grad und am Tag im Durchschnitt sechs Grad. Sicher ist auch, dass die Leiche des Schauspielers im sogenannten "Mud Room" seines Hauses gefunden wurde, einem Übergangsraum von außen ins Haus, in dem schmutzige Schuhe und regennasse Jacken abgelegt werden und der wohl nicht beheizt war – was noch eine Rolle spielen wird.
Ebenfalls sicher ist, dass die Leiche von Betsy Arakawa im Bad des Hauses gefunden wurde. Am Boden liegend, neben dem Waschbecken eine orangefarbene geöffnete Dose mit verschreibungspflichtigen Pillen. Danach werden die Berichte unsicher. Welche Art Pillen gefunden wurden, wollte oder konnte der Sheriff von Santa Fee, Adan Mendoza, auf einer Pressekonferenz vor wenigen Tagen nicht sagen. Genauso wenig wie er Genaueres über Hackmans Hund, einen Australian-Kelpie mit dem Namen Zinna, berichten konnte, der tot in einem Badschrank gefunden wurde. Bear und Nikita, zwei andere Hunde, seien dagegen sehr lebendig herumgelaufen.
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Etwas ungenau blieben auch die Auskünfte, inwieweit die beiden Leichen schon Spuren von Verwesung zeigten. Die 65-jährige Arakawa sei im Gesicht aufgebläht gewesen, der Leichnam "zeigte offensichtliche Merkmale des Todes, körperlicher Veränderung, aufgeblähtes Gesicht und Verwesung an beiden Händen und Füßen", vermerkte Deputy Joshua Thomas in seinem Tatort-Bericht. Der 1,87 Meter große Leichnam des 95 Jahre alten Hackman dagegen, "neben sich eine Sonnenbrille", habe andere Anzeichen der Verwesung gehabt. Zumindest das ließe sich damit erklären, dass Hackman in einem kalten Teil des Hauses lag, was eine Verwesung verlangsamt, während seine Frau bei Zimmertemperatur gefunden wurde. Höhere Temperaturen führen im Körperinneren zu einem Fäulnisprozess, der Gase wie Kohlendioxid, Ammoniak und Schwefelwasserstoff freisetzt, die den Körper, vor allem das Gesicht, aufblähen.
"Das passt immer noch nicht zusammen"
Was Sheriff Mendoza nicht berichtete, aber sehr wahrscheinlich der Fall war, waren viele Fliegenlarven auf den Leichen, die sich schon nach ein oder zwei Tagen ansiedeln. Weil diese Auskünfte so undeutlich waren, lässt sich nicht auf einen genauen Todeszeitpunkt schließen. Leichen blähen sich in der Regel nach acht bis zehn Tagen auf, Hackman und Arakawa wurden am 26.Februar gefunden. Rechnet man zehn Tage auf den 16. Februar zurück, kommt man dem 17. Februar nahe, der Tag, an dem Hackmans Herzschrittmacher die letzte Aufzeichnung seiner Herzaktivität machte.
Das Rätsel, was genau die Todesursache bei beiden war, bleibt aber. Die Frage, warum Hund Zenna tot aufgefunden wurde, ließe sich damit erklären, dass das Tier angeleint oder eingesperrt war und in den zehn Tagen verhungert und verdurstet ist. Bei Hackman und seiner Frau konnten die Ermittler nur Fremdeinwirkungen wie ausgetretenes Gas oder Kohlenmonoxid durch einen Ofen und Verletzungen, wie sie durch Morde oder Totschlag entstehen, ausschließen. Die toxikologischen Untersuchungen der beiden Leichen auf Gifte oder andere Drogen könnten noch Wochen oder sogar Monate dauern. Das ist zwar üblich, vergrößert die Fragezeichen um diesen Fall aber um einiges. Oder wie der englische Reporter Tom Bryant es nach der Pressekonferenz formulierte: "Das passt immer noch nicht zusammen."
Nur bei Gene Hackman gibt es Indizien, die eine Spur denkbar machen. Er war 95 Jahre alt, litt aber schon seit Anfang der 90er-Jahre an einer Herzinsuffizienz. Der damals 60-Jährige war zu einem Urlaub an der Küste von Oregon, als er starke Schmerzen am Herzen und linken Arm verspürte und sich sofort in ein Krankenhaus begab. Dort wurde ihm ein Ballonkatheter in die Herzarterie eingesetzt und so ein Infarkt verhindert. "Gerade noch rechtzeitig", wie die Ärzte sagten. Doch das Herz war beschädigt und so kam es, dass Hackman sich 2004 entschied, mit "Willkommen in Mooseport" seinen letzten Film zu drehen. "Die Ärzte meinten, dass mein Herz nicht in der Form ist, großen Stress zu vertragen", sagte er 2009 in einem Interview zu seinem Rückzug aus dem Filmgeschäft.
Warum war das Grundstück von Gene Hackman nicht gesichert?
Schon in den 70er-Jahren hatte sich der Schauspieler nach Dreharbeiten zu dem Film "700 Meilen westwärts" für die Gegend um Santa Fe interessiert und dann Ende der 80er-Jahre ein Haus am Old Sunset Trail 1415 gekauft, knapp acht Kilometer nordöstlich von Santa Fe, das er zusammen mit seiner zweiten Frau, der Pianistin Betsy Arakawa, ausführlich umbauen ließ. Als nun die beiden Leichen gefunden wurden, tauchte die Frage auf, warum es in und um das Haus keinerlei Videoüberwachung gab, schließlich sei Gene Hackman einer der bekanntesten Stars der Welt gewesen. Die Antwort könnte sein, dass sich Hackman und seine Frau in ihrem Haus, das auf einer Anhöhe steht und nur über eine sehr kurvige, schmale Straße mit einem Eingangstor zu erreichen ist, sehr sicher gefühlt haben.
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Dass sich beide für New Mexico als Rückzugsort entschieden hatten, liegt auch am Charakter der Hauptstadt Santa Fe. Sie gehört zu den gelassensten Orten in den USA. Mit knapp 88.000 Einwohnern, Häusern im Pueblo Stil und 200 Galerien hat die Stadt große Bedeutung in der Kunstszene und gilt als gleichzeitig beschaulich und kreativ. Die einzigen Schlagzeilen machte die Gegend 2021, als der Schauspieler Alec Baldwin bei den Dreharbeiten zu dem Film "Rust" versehentlich die Kamerafrau Halyna Hutchins erschoss und der Fall vor dem Gericht in Santa Fe verhandelt wurde. Ansonsten lebt man dort weitgehend skandalfrei, was auch daran liegt, dass prominente Bewohner wie Ali McGraw, Sam Shepard oder der "Game of Thrones" -Erfinder R.R. Martin in Ruhe gelassen werden. Auch Hackman.
Gene Hackman gehörte hier zum Stadtbild. "Er war natürlich ein großer Star, aber das merkte man nicht, wenn man mit ihm sprach, weil er die noble Angewohnheit hatte, einem zuzuhören und nicht nur von sich zu erzählen", sagte Stuart Ashman, ehemals Leiter des "International Folk Art Market" in Santa Fe dem Sender ABC. Hackman war über Jahre Teilhaber der Restaurants "Café Escalera" und "Aqua Santa", Stammgäste erinnern sich an manche Flasche Wein, die sie zusammen mit ihm getrunken und dabei auf ein Wandgemälde mit einer Berg-Landschaft geblickt hätten, dass Hackman gemalt hatte. Hackman war jahrelang im Vorstand des Georgia O'Keeffe Museums, eine der bekanntesten amerikanischen Malerinnen, die 1986 in Santa Fe starb.
Wenn Hackman nicht malte, zog er sich in sein Haus zurück und schrieb. "Jubal wanderte unbekümmert durch die Wälder der Berge, das Colt-Repetiergewehr in seinen schlanken Armen, und war stolz, dass sein Vater einverstanden war, dass er das Kleinkalibergewehr bei sich hatte. Er war noch nicht ganz achtzehn, aber knapp 1,80 Meter groß, fast so groß wie sein Vater, und gab sich alle Mühe, sich wie dieser zu kleiden" sind die ersten Zeilen von "Payback at Morning Peak" einem 400-Seiten Western-Roman, der 2011 erschien und in dem sich Hackman sein ganzes New-Mexico- und Goldgräberzeiten-Gefühl episch von der Seele schrieb.
Fünf Romane, drei davon mit dem Co-Autor Daniel Lenihan, einem Unterwasser-Archäologen und Nachbarn Hackmans, sind erschienen. "Mein Großvater war Zeitungsreporter, genauso wie mein Onkel. Sie waren ziemlich gute Autoren, und so dachte ich, dass ich vielleicht irgendwann einmal etwas schreiben würde", erzählte er einmal über die Anfänge als Schriftsteller. Er habe lieber ein Blatt Papier als eine Kamera vor sich, fügte er später hinzu und seine erste Leserin und Kritikerin sei immer seine Frau gewesen.
Zuletzt sah man Gene Hackman und seine Frau immer seltener
Doch das angeschlagene Herz machte ihm im Alter weiter Probleme, sodass ihm ein Herzschrittmacher eingesetzt wurde, wann genau ist nicht bekannt. Gegen die gesundheitlichen Probleme trainierte Hackman dann aber immer mehr an. Mit Fahrradtouren, Yoga und, wie es hieß, entschiedenen Ernährungsplänen seiner Frau, die, über 30 Jahre jünger, sehr auf ihren Mann achtete und zusammen mit ihm beinahe täglich in Santa Fe zu sehen war. Bis vor ein paar Monaten. Denn nach seinem Tod erinnerten sich Nachbarn und Bekannte, das Paar seltener gesehen zu haben. Barbara Lenihan erzählte der Zeitschrift "People", dass sich der Schauspieler mehr zurückgezogen habe und auch nicht mit dem Fahrrad unterwegs gewesen sei. "Er hat wirklich nachgelassen", sagte sie.
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Zu seiner Familie hatte Hackman, der laut Celebrity Net Worth ein Vermögen von 80 Millionen Dollar hinterlässt, offenbar ein schwieriges Verhältnis. Kurz nach seinem Tod meldeten sich zwei Töchter aus Hackmans erster Ehe. Leslie und Elizabeth Hackman sagten, ihr Vater und seine Frau könnten nur Opfer eines Gaslecks oder einer Kohlenmonoxid-Vergiftung sein, angesichts seines Alters sei ihr Vater eigentlich sehr gesund gewesen. Auf die Frage, woher sie das denn wüssten, mussten die Töchter allerdings einräumen, dass sie seit Monaten keinen Kontakt mehr zu ihm gehabt hätten.
Eine weitere Merkwürdigkeit wurde aus einem Altenheim auf Hawaii gemeldet, wo die 91-Jährige, an Demenz erkrankte Mutter von Betsy Arakawa lebt. Normalerweise, so die Pfleger der Mutter, habe sich die Tochter Betsy mindestens einmal im Monat telefonisch gemeldet und nach dem Ergehen ihrer Mutter gefragt. Nun habe man sich gewundert, denn der letzte Anruf sei schon Monate her gewesen.
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