Zahlreiche Frauen werfen Frankreichs Filmikone Gérard Depardieu sexuelle Übergriffe vor. Zwei mögliche Fälle werden derzeit in Paris verhandelt. Dort äußert sich der Schauspieler nun erstmals selbst zu den Vorwürfen und erklärt: "Ich fasse niemanden an."
Es war ein mit Spannung erwarteter Moment: Nach dem länglichen Auftakt im Belästigungs-Prozess gegen Frankreichs Starschauspieler Gérard Depardieu, äußerte sich der Darsteller erstmals vor Gericht selbst zu den Vorwürfen gegen ihn.
Ja, er habe eine der Klägerinnen an der Hüfte angefasst, sagte der preisgekrönte Filmstar im prall gefüllten Gerichtssaal, und gab damit zum ersten Mal eine Berührung zu. Jedoch sei dies nicht aus sexueller Absicht geschehen.
Depardieu steht seit Montag in Paris vor Gericht. Es ist der erste Prozess gegen ihn wegen möglicher sexueller Übergriffe. Zwei Frauen werfen ihm vor, sie 2021 bei den Dreharbeiten zum Film "Les volets verts" ("Die grünen Fensterläden") von Jean Becker gegen ihren Willen an intimen Stellen angefasst zu haben. Auch obszöne Bemerkungen habe Depardieu gemacht. Bei den Frauen handelt es sich um eine Dekorateurin und eine Regieassistentin. Zunächst ging es im Gericht um die Vorwürfe der Dekorateurin.
"Warum sollte ich Frauen befummeln?"
"Ich war wütend und es war heiß", gab Depardieu zu. Er habe die Frau bei den Dreharbeiten in einer Pariser Wohnung angefasst, um nicht von einer Kiste zu rutschen, auf der er gesessen habe. Er sei sauer gewesen, weil die Frau ein Gemälde, über das sie sich unterhalten hatten, ein schlechtes Bild genannt habe.
"Ich wüsste nicht, warum ich Frauen befummeln und ihnen an den Busen oder den Po greifen sollte", beteuerte der 76-Jährige. Er sei niemand, der sich in der U-Bahn an Frauen reibe, fügte er hinzu. Zum Vorwurf vulgärer Ausdrücke erklärte er: "Was ist an 'Muschi' schon schlimm? Das sage ich ständig, auch zu mir selbst, ist doch lustig."
Auch während seiner Anhörung saß der Schauspieler, der im schwarzen Anzug erschien, auf einer Kiste. Seit mehr als 25 Jahren leidet er an Diabetes sowie an Cruralgie - einer schmerzhaften Nervenreizung im Oberschenkel - und Arthrose in der Lendenwirbelsäule. Zusätzlich musste er sich einer vierfachen Bypass-Operation am Herzen unterziehen. Beim Gehen stützte Depardieu sich im Gericht teils auf seinen Anwalt. Aus Gesundheitsgründen wurde der ursprünglich im Oktober angesetzte Prozesstermin verschoben.
Anwalt spricht von "Hetzjagd"
"Mit 76 Jahren und 130 Kilo - glauben Sie wirklich, dass ich mir so etwas leisten würde?", erklärte Depardieu im Gerichtssaal etwas gereizt. "Ich mag mich selbst schon kaum. Ich fasse niemanden an, weder am Set noch anderswo." Er könne nicht mal jene anfassen, die er liebe.
Als der Richter ihn fragte, ob er am Set Alkohol getrunken habe, reagierte Depardieu heftiger: "Nein, kein Alkohol!" Doch der Vorsitzende Richter hakte nach: "Vorhin haben Sie von Wodka gesprochen." Depardieu erwiderte: "Nein, von Wasser - das ist gesünder."
Depardieus Verteidiger Jérémie Assous fährt seit Beginn des Prozesses schwere Geschütze auf. Am Vortag hatte er im Gericht den Vorwurf erhoben, zahlreiche mögliche Entlastungszeugen seien nicht ausreichend befragt worden. Er prangerte eine "Hetzjagd" auf den Schauspieler an.
"Klima der Angst"
Assous will beweisen, dass die Anschuldigungen gegen Depardieu "völlig erfunden" seien und auf Lügen basierten. Nach der Anhörung der Dekorateurin erklärte der 48-Jährige, dass ihre Version mit der Wahrheit nicht übereinstimme. Mit Blick auf Depardieus Aussage stellte er klar: "Herr Depardieu hat niemals die geringste sexuelle Belästigung zugegeben." Er kritisierte ein "Klima der Angst", das Zeugen daran hindere, Aussagen zugunsten des Angeklagten zu machen.
Depardieu war einst gefeierter Stern am französischen Kinohimmel. Doch seit Jahren melden sich immer wieder Frauen zu Wort, die ihm sexuelle Übergriffe vorwerfen - teils auch anonym und ohne, dass die Anschuldigungen bei der Justiz landen. Insgesamt haben etwa 20 Frauen öffentlich Missbrauchsvorwürfe gegen den Schauspieler erhoben, davon zwei wegen Vergewaltigung.
Erstmals sitzt der Schauspieler deshalb auf der Anklagebank. Zu den im Prozess geladenen Zeuginnen zählt die Schauspielerin Fanny Ardant, eine Unterstützerin Depardieus. Auch seine Ex-Partnerin Karine Silla und die gemeinsame Tochter saßen im Gerichtssaal. Unter den Zuschauerinnen befand sich zudem die Schauspielerin Charlotte Arnould, die Depardieu bereits 2018 wegen Vergewaltigung angezeigt hatte. Eine Entscheidung darüber, ob es auch in ihrem Fall zu einem Prozess kommt, steht noch aus.
Seit Jahren nicht gedreht
Depardieu hatte im Oktober 2023 in einem offenen Brief erklärt, er habe "niemals eine Frau missbraucht". Er sei sein Leben lang "provokant, überschwänglich und manchmal grob" gewesen, "aber nie ein Vergewaltiger".
Vor Gericht beklagte er nun, dass er seit Jahren nicht mehr gedreht habe. Die Zahl derjenigen, die den für seine derben Worte bekannten Mann unterstützen, scheint zusehends kleiner zu werden. In dem jetzigen Prozess drohen der Filmikone bis zu fünf Jahre Freiheitsentzug und 75.000 Euro Geldstrafe. Depardieu könnte nun seine letzte Rolle spielen: die eines gefallenen Helden.
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