Wie geht V8 besonders dekadent? Mit einer XXL-Luxuslimousine, ist klar. Oder aber mit einem übergroßen SUV. Ist das keine Motorverschwendung, wenn dann noch wie beim Mercedes GLS das AMG-Badge im Spiel ist? Nicht unbedingt. ntv.de hat's probiert.

Es stimmt ja, der SUV-Fahrer hat es heutzutage nicht leicht. Auch wenn Klimaaktivisten derzeit auf stärkeren Gegenwind treffen als noch vor wenigen Jahren, ist das SUV immer noch verpönt in manchen Kreisen. Doch wollen Sie die Anti-Auto-Fraktion mal so richtig auf die Palme bringen? Funktioniert garantiert mit einem SUV in Maximalgröße aus dem Hause Mercedes inklusive AMG-Badge. Mercedes-AMG GLS 63 4Matic+ heißt das Teil in voller Länge, ist über zwei Meter breit und mehr als fünf Meter lang.

Jetzt darf man zu Recht fragen, warum es denn unbedingt so groß sein muss und dann auch noch im AMG-Dress. AMG steht doch für Sportlichkeit und sportlich ist ein Auto dieser Klasse und Größenordnung nun wirklich nicht. Nicht sportlich im Sinne von "bietet ausufernde Querdynamik". Aber schieben kann dieser GLS schon urgewaltig, doch dazu später mehr.

In erster Linie ist ein GLS betont komfortabel. Und eigentlich ist dieses Fahrzeugkonzept ja eher nicht für Europäer gedacht, sondern primär für Länder wie die USA. Auch Kunden in Regionen wie dem Orient mögen das XXL-SUV-Format. Aber Deutschland? Durchaus sieht man die Geländewagen-Oberklasse hier und da über die Autobahn rollen, keine Frage - auch hin und wieder mit schwerem Autotrailer oder Pferdeanhänger. Dann aber meist mit einem drehmomentstarken Diesel unter der mächtigen Motorhaube.

V8 noch immer klangstark

Wer also könnte Gefallen am hierzulande raren Highpower-V8 finden? Was den Spritkonsum angeht, musst du jedenfalls ein robustes Gemüt haben. Bei Nutzung der hohen Leistungsreserven fließt ordentlich Superplus durch die Leistungen, da wäre ein Diesel deutlich genügsamer. Ist der V8 hier denn gar keine Motorverschwendung? In einem leichteren Sportwagen, und die gibt es ja bei Mercedes durchaus, würde das Triebwerk mehr Sinn haben, könnte man denken. Aber nein, auch dem GLS steht dieses Kraftpaket gut zu Gesicht - als 63 wird der Allradler sozusagen zur Offerte für Genussmenschen mit Genussmotor.

Zwar legt der inzwischen hybridisierte (22 elektrische Zusatz-PS) Vierliter-Turbo mit der internen Bezeichnung M177 und 612 PS keinen so klangvollen Maschinenstart mehr hin wie früher. Aber unter Last kann die Hubraumgröße ganz schön bollern - Achtzylinder eben. Und Achtzylinder ist identitätsstiftend, insofern ist es fein, dass Mercedes diesen Weg noch geht. Denn davon lebt der Autoenthusiasmus.

Seine 850 Newtonmeter überträgt das Aggregat übrigens trotz sportiver Grundausrichtung per Neungang-Wandlerautomatik - hier wird kein Sonderweg mehr beschritten (beispielsweise mit einer Lamellenkupplung zum Anfahren), wie das bei AMG manches Mal der Fall war. So geschmeidig-verschliffen wie früher ist die Angelegenheit allerdings nicht mehr, da der Kraftschluss (Wandlerüberbrückung) in Zeiten höchster Effizienz regiert. Und wie das bei Vielganggetrieben so ist, arbeiten diese nicht ganz so nahtlos, sorgen auch mal für minimale Verzögerungen bei Lastanforderung - da ist man von den Stromern verwöhnt, bei denen es nicht den Hauch einer Zugkraftunterbrechung gibt, und zwar in keiner Situation. Dennoch ist diese Herzkammer gepflegten Antriebs erste Sahne und vor allem emotional.

Klar, der GLS 63 ist schon ein Nischenprodukt. Du musst dich ja auch überhaupt erst mal trauen, einen 5,23-Meter-Liner mit solch markanten Riesen-Felgen und dicker, vierflutiger AMG-Abgasanlage zu fahren. Quasi der rollende ausgestreckte Mittelfinger in Richtung Fridays for Future. Aber kommen Sie doch mal mit an Bord und nehmen Platz auf den Ledersesseln. Und genießen nicht enden wollenden Raum. So reist man first class auf allen Plätzen. Wobei - die letzte Sitzreihe ist eher Kompromiss. Aber immerhin kann man sieben Personen mitnehmen, das ist Praxistauglichkeit. Eierlegende Wollmilchsau und so. Dazu passen dann auch 2400 Liter Gepäckraumvolumen. Selbst ein GLS 63 ist also baumarkttauglich.

Der starke GLS schiebt und schiebt

Und die Fahrleistungen? Als ob 2,7 Tonnen nichts wären, schiebt der Allradler in jeder Lebenslage so druckvoll, dass man schon an der Physik zweifelt. Bloß 4,2 Sekunden vergehen, bis 100 Sachen auf dem Tacho stehen. Und wer schon immer mal 280 mit einem rollenden Brikett in Übergröße fahren wollte: Go for it.

Das klingt jetzt alles nach sehr schnellem Geradeausfahren. Zwei Dinge sollte man aber wissen. Das Geradeausfahren beherrscht der AMG ziemlich geschmeidig mit seiner adaptiven Luftfederung - nicht ganz unwichtig für ein Reisetool erster Güte. Und das Kurvenfahren? Ist prinzipiell nicht die primäre Qualität eines hochbauenden Schwergewichts, also installieren die Ingenieure serienmäßig einen aktiven Wankausgleich. Und damit auch bloß kein Traktionsmangel aufkommt, geben die Techniker dem Brocken auch noch eine elektronische Differenzialsperre für die Hinterachse mit auf den Weg.

Wo der GLS hingegen nicht mehr ganz so fit ist: beim Infotainment. Da wirkt der einstmals beeindruckende Widescreen mittlerweile doch in die Jahre gekommen angesichts diverser Hyper- und Superscreens, die es im Konzern mittlerweile gibt. Was den Benz nicht daran hindert, seinen Passagieren eine intuitive Bedienung zu bieten. Und die unbrauchbaren der vielen Assistenten sind flugs ausgeschaltet.

Noch einmal zurück zum Infotainment. Wie es sich in der Luxusklasse geziemt, kommt der Testwagen mit großen Monitoren an den Vordersitzlehnen für die zweite Reihe um die Ecke. So wird es auch mitreisenden Kindern auf langen Urlaubsfahrten nicht langweilig. Wenn man denn die Kleinigkeit von 190.114 Euro übrig hat. Mit der einen oder anderen Individualisierung sind es auch schnell über 200.000 Euro. Luxuriös, praktisch und sportlich sind eben drei Wünsche auf einmal, die das Konto ganz schön strapazieren. Mit dieser Thematik wird sich allerdings nur eine kleine Minderheit auseinandersetzen müssen.

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